Der Traditionskonzern kommt nicht zur Ruhe. Neben der anhaltenden Führungskrise machen ThyssenKrupp nun auch noch schlechte Geschäfte im Anlagenbau zu schaffen. Das Gewinnziel wird deshalb gesenkt. Großaktionär Cevian fühlt sich in seiner Kritik bestätigt. Unerwartet große Probleme in der Anlagen- und Schiffbausparte werden die Bilanz von ThyssenKrupp belasten. Wegen aus dem Ruder laufender Kosten bei verschiedenen Großprojekten in der Türkei, in Saudi-Arabien sowie in Australien rechnet der Konzern dort im dritten Quartal mit einem operativen Verlust in Höhe von rund 220 Millionen Euro. Auch der Umsatz der Sparte werde geringer ausfallen als erwartet.
Das habe Auswirkungen auf den Gesamtkonzern. Für das laufende Jahr rechnet ThyssenKrupp nun mit einem bereinigten Ebit in Höhe von nur noch rund 1,8 Milliarden Euro. Bislang hatte sich der Konzern eine Bandbreite von 1,8 bis zwei Milliarden Euro gesetzt. Im Jahr zuvor hatte ThyssenKrupp ein Ebit in Höhe von 1,72 Milliarden Euro erzielt. Auch der freie Barmittelzufluss dürfte nicht mehr wie erhofft positiv, sondern negativ ausfallen. Der Jahresüberschuss des Konzerns soll aber weiterhin signifikant besser als das Vorjahresergebnis von 271 Millionen Euro ausfallen. Auch ohne die Belastungen würde die Anlagenbau-Sparte im dritten Quartal einen Verlust in einem niedrigen zweistelligen Millionenbereich verzeichnen. Denn generell hält die Nachfrageschwäche bei Großprojekten an, was sich in einem geringeren Auftragseingang niederschlägt. Zudem dauere es immer länger, bis solche Projekte auch wirklich realisiert werden. ThyssenKrupp will nun mit einem Umbau des Anlagenbaus sowie Einsparungen gegensteuern. Die Aufstellung im Anlagenbau müsse an die veränderten Marktbedingungen angepasst werden, erklärte der neue Vorstandsvorsitzende Guido Kerkhoff. Thyssenkrupp hatte ursprünglich auf ein Wachstum bei Großprojekten vor allem im Chemie- und Zementanlagenbau gesetzt. Doch gerade dort hat sich die Zahl der Projekte zuletzt verringert. Die Aktie gerät am Mittwoch unter Druck und verliert bis zum Mittag mehr als zwei Prozent. „Der neue Ausblick ist ein Desaster“, meinte ein Händler. Der Großaktionär Cevian fühlt sich durch die aktuelle Entwicklung in seiner Forderung nach einem Konzernumbau bestätigt. „Die jüngste Gewinnwarnung von Thyssenkrupp zeigt ein weiteres Mal, dass die bestehenden Strukturen zu komplex geworden sind“, sagte Cevian-Gründungspartner Lars Förberg. Das Unternehmen habe jetzt die Chance, „die richtige Struktur zu finden, um seine Einheiten wettbewerbsfähiger, wachstumsstärker und erfolgreicher aufzustellen“, findet Förberg. Der anhaltende Konflikt mit Großaktionär Cevian sowie Uneinigkeit im Aufsichtsrat und die weitere Strategie hatten zuletzt eine Führungskrise ausgelöst. Chef Hiesinger sowie Aufsichtsratsvorsitzender Ulrich Lehner warfen daraufhin das Handtuch. Nachfolger gibt es bislang nicht.